ERDUNG

„Wenn Du Dich aus der Balance fühlst, sieh ob Du Deine Füße von Deinen Füßen aus wahrnehmen kannst.“
– Sharon Salzberg

Wer sich viel mit Theorien und Modellen beschäftigt, kontemplative oder spirituelle Aktivitäten liebt oder einfach ein nicht sehr Naturnahes Leben führt,  kann seine Authentizität und Integrität leichter bewahren, wenn er sich immer wieder auf vielfältige Weise erdet.

Balance und Integrität
Alles natürlich gewachsene entspringt und besteht in Verbindung mit der Erde. Unsere moderne Lebensweise entfernt uns oft aber recht weit von einem solchen Erleben. Je mehr wir uns daneben auf intellektuelle, spirituelle, philosophische und ähnliche Weise mit etwas beschäftigen, um so wichtiger wird unsere eigene Erdung. Oft fällt es uns aber unendlich schwer, neben all den Verpflichtungen auch noch für eine rundum ausgewogene und gesunde Lebensweise zu sorgen.

 In meinem Universitätsstudium faszinierte mich eine Professorin, die eine Gruppe von Landfrauen als ihre „Homebase“ beschrieb und sich regelmäßig mit ihnen traf, um sich nicht in der akademischen Welt zu verlieren.

In unserem Erleben
Auch in unserem eigenen Leben mag es sein, dass wir uns manchmal nach Erdung und nach wirklicher Verbundenheit sehnen. Sehr leicht begeistern uns Dinge, Ideen oder Ideologien, die nicht immer gleich in unsere Wirklichkeit passen. Wie überbrücken wir die Kluft? Und auch, wie bewältigen wir die Diskrepanz zwischen unserem eigenen Wollen und Können?

Gegründet sein
Im indischen Yoga liegt zu Beginn viel Wert auf dem guten Aufbau einer Haltung vom Boden beginnend. Im tibetischen Buddhismus, sind die vorbereitende Übungen wichtige Lehren und im Zen ist die Praxis im täglichen Leben ein Hauptfaktor.

Wie leben wir diesen essentiellen Aspekt in unserem täglichen Dasein? Wir sitzen viel auf Stühlen, fahren in Fahrzeugen, benutzen gern Fahrstühle und „pflücken“ unser Gemüse zumeist im Supermarkt. Von den vielen Geräten die wir benutzen ganz zu schweigen. Viele von uns leben ohne direkten Zugang zu einem Garten und nicht so oft nehmen wir uns Zeit, nach langem Tag am Arbeitsplatz für einige Zeit spazieren zu gehen oder uns auf dem Boden auszuruhen.

Wie behalten wir Bodenkontakt, wie finden wir wieder innerlich und körperlich „nach Hause“?

Erdung
In vielen Therapieformen und anderen Heilkünsten spielt die Erdung eine essentielle Rolle. Wir können beginnen mit der Orientierung in dem Raum, in dem wir uns befinden. Nehmen wir unseren eigenen Atem, unseren Körper und unsere Fußsohlen auf dem Boden wahr, sind wir schnell wirklich da. Messen wir Atem- und Herzfrequenz vorher und nachher, sind sie bei den meisten Menschen anschließend niedriger als zuvor. Der Körper kommt etwas zur Ruhe und damit auch der Geist.

Innere Ressourcen
Für manchen Menschen ist es leichter sich an angenehme, schöne Momente zu erinnern oder sich imaginativ in solche zu versetzen, als die Erdung im Körper zu fühlen. Diese Erinnerungen werden dann zu Ressourcen, die zur Verfügung stehen, um das eigene Nervensystem zu beruhigen und auszugleichen. Diese Methode ist in ähnlicher Weise balancierend. Auch sie steht uns nahezu immer und überall, sogar wenn nur für kurze Momente, zur Verfügung.

Unser Körper
Sind wir also mehr in unserem Körper und mehr mit der uns umgebenden Natur, oder des uns umgebenden Raumes verbunden, fällt es uns leichter, gut geerdet und balanciert zu sein. Jeder mag seine eigene Weise haben, der eine macht morgens Yoga, der andere geht abends spazieren, manche spielen mit ihren Kindern im Garten, machen die Hausarbeit mit viel Bewusstheit oder ruhen mit der Katze auf dem Sofa. Der Wege und Mittel sind keine Grenzen gesetzt, aber Hektik und viele andere Aspekte modernen Lebens können uns den natürlichen Zugang zu solcher Integration erschweren.

Unsere Füße
Verbinden wir uns regelmäßig mit unseren Sinneswahrnehmungen, unserem Atem und unserem Körper, sind wir auf intimere Weise mit unserem Erleben verbunden, denn wir filtern es nicht nur mit unserem Denken, unserem Geist. Fühlen wir zum Beispiel bewusst unsere Füße in einer beunruhigenden Situation, dann können wir sehr viel leichter geerdet bleiben, ohne dass uns unsere Gedanken und Sorgen aus der Balance jagen.

Wo stehen wir wirklich?
In ähnlicher Weise ist das Wahrnehmen unseres wirklichen Erlebens und Praktizierens im Zusammenhang mit unserem täglichen Leben, mit Meditation und kontemplativen Studien etwas, was uns zeigen kann, wo wir wirklich stehen. Darüber Klarheit zu haben, hilft uns eine stabile, ehrliche und gut funktionierende Ausgangsbasis für alles und auch für diese Übungen zu finden.

Es geschieht so leicht, dass wir nach hehren Zielen streben und schmerzhaft an unserer eigenen Realität scheiten. Das kann leicht zur Wurzel für große Schwierigkeiten auf unserem weiteren Weg werden. Daher legt die buddhistische Vorgehensweise sehr viel Wert auf eine stabile und ehrliche Basis in allem und auf geduldiges, schrittweises Vorrangehen.

Also lasst uns interessiert und ruhig, ehrlich und engagiert vorgehen und miteinander teilen, wo wir stehen und was unsere Herausforderungen sind.

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