SCHRITTE RICHTUNG FRIEDEN

„Ob für uns oder für die großen Weisen der Welt, Frieden kann nur mitten unter uns mit einem Gedanke zur Zeit in die Welt gebracht werden. Nur auf dieser Basis können unsere Frieden schaffenden Handlungen wirklich effektiv sein.“

– nach Ron Epstein

Dies ist für mich ein zentraler Aspekt von Praxis. Wir sehnen uns nach Frieden und auch nach einem spannenden, interessanten Leben, und diese beiden Pole sind nicht immer leicht miteinander zu vereinbaren. Besonders, wenn sich die Nachrichten und Ereignisse um uns herum zuspitzen, wird die Bedeutung von Frieden immer deutlicher. Ohne diesen bewußten Fokus erscheinen uns die Wirren in uns als normal und unabdingbar. Wir erleben kleine Konflikte oder gar Streit, fühlen Spannungen in der Gegenwart bestimmter Menschen und Situationen, bemerken Unfreundlichkeit in unseren Selbstgesprächen usw. Warum agieren oder reagieren wir auf so wenig friedliche Weise? Haben wir uns nicht schon so oft mehr äußeren und inneren Frieden gewünscht?

Im Rahmen einer buddhistischen Sichtweise entstehen unsere Schwierigkeiten aus unserem Verlangen nach all dem was wir uns wünschen, Dingen und Erlebnissen. Unwohlsein, Aggression und Konkurrenzgefühle gehen einher mit unserem Versuch, zu bekommen und zu behalten was wir wollen. Diese Motivation führt oft nahezu unbemerkt zu einem Handeln, dass nicht unseren Werten entspricht.

S.H. der Dalai Lama weist darauf hin, das im Zusammenhang mit dem Erreichen von Frieden einige Dinge unerläßlich sind: Mitgefühl, die Entwicklung eines guten Herzens, eine liebe- und respektvolle Haltung anderen gegenüber und ein wahrer Sinn für Gemeinschaft. In seinen Lehren beschreibt er immer wieder eine innere Atmosphäre und eine ebensolche Art auf das, was in unserem Inneren und um uns geschieht zu reagieren.

Ein innerer Weg zu Frieden ist ein schrittweiser Prozeß, eine Reise, auf der wir entdecken, verstehen und wählen:

1. Wir bemerken, was ist und wie wir uns angesichts dessen fühlen. Manchmal scheint unsere innere Reaktion so stark zu sein, dass es schwierig ist lediglich wahrzunehmen was ist.

2. Basierend auf Mitgefühl für uns selbst und andere kann sich unser Nervensystem entspannen und unsere Wahrnehmung weiten. Das erlaubt uns eher, auch unsere physischen und emotionalen Reaktionen und unsere Gedanken zu registrieren. Wir können beobachten, wie sich unser Denken und Fühlen entsprechend dessen was wir uns wünschen und was dann tatsächlich geschieht wandelt.

3. Wir können die Diskrepanz dieser beiden einfach bemerken. Genau dort können wir versuchen Mitgefühl und Geduld zu finden.

4. In dem Prozeß bemerken wir die uns treibenden Kräfte und unsere Versuche, das was wir erstreben bekommen zu wollen und das Unerwünschte zu vermeiden. Dies ist der ‚Mechanismus‘, der uns in unserem Streben und unseren negativen Reaktionen gefangen hält. Wenn wir genau hier innehalten und mit den uns treibenden Kräften Verlangen und Nicht-wollen bleiben können, dann werden sie sich wandeln. Diese Energien sind uns zunächst unangenehm und wollen zu ihrem Ziel kommen. Wenn wir sie lediglich wahrnehmen und nicht sie nähren (ihnen folgend handeln), können sie nicht bleiben, wie sie sind. Sie verlieren an Kraft und wir können diesen Prozeß interessiert beobachten.

5. Hier können wir auch die Geschichten beobachten, die wir uns erzählen und wir können bemerken, dass wir glauben, dass bestimmte Entwicklungen uns glücklich machen werden und andere nicht. Die Wahrheit ist, daß es genau diese uns treibenden Kräfte, diese Energien sind, die unsere Freiheit begrenzen und uns im leidvollen Hamsterrad von Wollen und Nichtwollen gefangen halten.

6. Warten wir genau dort, dann bekommt die Intensität unseres Verlangens eine Chance abzunehmen. Hier können wir dann etwas freier sehen, was tatsächlich unsere Präferenzen sind. Hier öffnet sich ein kleiner Raum von Gleichmut, der etwas Erleichterung, Neugierde und Offenheit in unser Leben und unsere Gewohnheiten bringen kann. Dies kann eine große Änderung mit sich bringen, denn es unterbricht unsere gewohnheitsmäßigen Reaktionen.

7. In dieser Bewegung zu mehr Gleichmut können wir unser Herz spüren, unser Verstehen und unser Mitgefühl für dieses Leiden in diesem Hamsterrad. In diesem Raum von Herz und Geist ist alles möglich. Hier können wir beginnen Frieden zu fühlen und von dort können wir bewußt andere Entscheidungen treffen. Hier können wir einen Geist erfahren, der weniger getrübt und verunsichert ist durch unsere normalen zumeist unbewußten Gewohnheiten. Er ist eher in der Lage, andere, möglicherweise bessere Optionen zu sehen.

8. Nun können wir zurückblicken und sehen, wie anders diese Herangehensweise ist und einfach mit unserem Leben fortfahren. Wahrscheinlich finden wir uns überraschend schnell in einer neuen Situation wieder, in der erneut unsere alten Gewohnheiten am Werk sind. Diesmal fällt es uns vielleicht schon etwas leichter diese automatischen Reaktionen zu bemerken. Wieder können wir einen Moment innehalten, beobachten und wieder eine für uns andere, bewußtere Wahl treffen.

Wir werden oft tun, was wir schon oft taten: Wie wir in solchen Situationen agieren wird beeinflussen, was uns in der Zukunft leichter fallen wird. Immer wieder ist es unsere Entscheidung.

Wenn wir diesen Prozeß mit viel Ehrlichkeit, Verständnis, Freundlichkeit und Mitgefühl für uns selbst angehen können, dann finden wir Sanftheit, Akzeptanz und vielleicht sogar reichlich Humor genau dort inmitten all unserer Widrigkeiten.

 

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